Die Situation der Haßberg-Kliniken stand im Mittelpunkt

20. Mai 2016

Entscheidung nicht vorschnell fällen

Kreisvorstandschaft der SPD: Es gibt keinen vernünftigen Grund für Eile – Neue Gesetzeslage muss einbezogen werden

Haßfurt/Ebern Die Entscheidung über die Zukunft der Geburtshilfe im Haus Haßfurt der Haßberg-Kliniken und über die Belegbetten im Haus Hofheim sollte auf keinen Fall übers Knie gebrochen werden. Das machte die SPD-Kreisvorstandschaft in einer Sitzung am Mittwochabend deutlich. Der anberaumte Termin am 6. Juni müsse in jedem Fall verschoben werden. Schon allein weil sich durch das neue Krankenhausstrukturgesetz die Rahmenbedingungen womöglich zum Vorteil der Haßberg-Kliniken ändern könnten.

„Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum binnen weniger Tage über ein mögliches Aus für die Geburtshilfe und das Hofheimer Krankenhaus entschieden werden müsste.“ Wolfgang Brühl kann nicht verstehen, warum von Landrat Wilhelm Schneider im Verwaltungsrat bereits am 6. Juni, also in nicht einmal vier Wochen, eine Entscheidung treffen möchte.

„Dieses Datum ist viel zu zeitnah“, macht Wolfgang Brühl klar. Er und seine Mitstreiter in der SPD-Kreisvorstandschaft haben sich in den vergangenen Tagen intensiv mit der Thematik beschäftigt. Im Gegensatz zu anderen bemühen sich die Sozialdemokraten dabei um eine sachliche Ebene. „Natürlich ist es in unser aller Interesse, dass man versucht, die Geburtshilfe zu erhalten“, sagt der Kreischef. Aber mit populistischen Formulierungen und Aktionen, wie sie derzeit aus fast allen politischen Richtungen zu hören seien, komme man erst einmal nicht weiter. Vielmehr gehe es darum, die Fakten auszuwerten und nach möglichen Lösungsansätzen zu suchen. Genau das macht die SPD. Zum Beispiel in Gesprächen mit Betroffenen, die Wolfgang Brühl in den vergangenen Tagen immer wieder intensiv geführt hat. Am Dienstag traf sich der Kreisvorsitzende zudem zusammen mit der SPD-Bundestagsabgeordneten und Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar mit Stephan Kolck, dem Vorstand der Haßberg-Kliniken. Ein Informationsgespräch in dem eines schnell klar wurde. „Die Entscheidung muss aufgeschoben und noch einmal genau durchdacht werden“, bringt es Wolfgang Brühl auf den Punkt.

Im Gutachten, auf dessen Basis, die Schließung der Geburtshilfe empfohlen wird, fehlen nämlich entscheidende Fakten. „Es wird immer wieder behauptet, dass das Krankenhausstrukturgesetz beim Aus eine wichtige Rolle spielt“, berichtet der Kreisvorsitzende. „Das stimmt einfach nicht!“ Im Gegenteil! Die Auswirkungen des vor kurzem beschlossenen Gesetzes, seien in dem Gutachten, das sich auf Zahlen aus dem Jahr 2014 stützt, überhaupt nicht berücksichtigt. „Es muss dringend ein Szenario entworfen werden, das die neuen Regelungen beinhaltet.“ Mit denen könnte sich nämlich die Situation der Haßberg-Kliniken deutlich anders und positiver darstellen. Der Ausgleich der Tariflohnsteigerung durch den Kostenträger oder der neue Pflegezuschlag dürften zu einer Entspannung der finanziellen Lage führen. Zudem würden die Krankenhäuser im Landkreis wohl von den Sicherstellungszuschlägen profitieren. Mit diesen werden Kliniken unterstützt, wenn sie zur Sicherstellung der für eine Versorgung der Bevölkerung unabdingbar notwendigen medizinischen Leistungen, beitragen.

Bis 31. Dezember dieses Jahres werden die Standards festgelegt, bei denen es neben einem Kanon an Untersuchungen und Operationen auch um die Erreichbarkeit der Krankenhäuser geht. „So lange nicht klar ist, ob und wie die Krankenhäuser im Landkreis mit Sicherstellungszuschlägen bedacht werden, wäre es leichtfertig eine Entscheidung über das Aus von Abteilungen oder ganzer Häuser zu treffen“, gibt Wolfgang Brühl zu bedenken. „Man schließt dann womöglich einen Bereich, den man hätte problemlos halten können.“

Durch den breiteren zeitlichen Rahmen würde man zudem die Möglichkeit bekommen, „in aller Ruhe andere Szenarien zu berechnen und zu diskutieren“, sagt der Kreisvorsitzende. Der SPD-Politiker denkt dabei zum Beispiel an die Fortführung der Geburtshilfe als Belegabteilung oder als Hebammengeleitete Station. Modelle, die in anderen Krankenhäusern hervorragend funktionieren. „Wir müssen auch gemeinsam mit den Betroffenen überlegen, wie man die Geburtshilfe, die einen sehr guten Ruf genießt, noch attraktiver machen kann.“ Fakt sei, dass der Prozentsatz der neugeborenen Haßbergler, die im Haßfurter Kreißsaal das Licht der Welt erblicken, deutlich rückläufig ist. „Vielleicht brauchen wir neue und zusätzliche Angebote!“, meint Wolfgang Brühl. Eine Akupunktursprechstunde, Stilberatung oder Eltern-Kind-Zimmer seien Bereiche, die bei der Entscheidung für eine Entbindungsklinik eine Rolle spielen könnten.

Es müsse auch genau aufgeschlüsselt werden, ab wie vielen Geburten die Station denn mit einer schwarzen Null arbeiten würde oder wer denn tatsächlich für die Verluste im Kommunal-Unternehmen verantwortlich sei. Laut Gutachten ist die Entwicklung in anderen Abteilungen deutlich schlechter.

„Wir wollen die bestmögliche Lösung für die Krankenhäuser und die Bevölkerung und die darf nicht vorschnell gefällt werden“, mahnt Wolfgang Brühl noch einmal zur Besonnenheit. Von den Verantwortlichen im Kommunalunternehmen und im Landratsamt fordert er „die größtmögliche Transparenz“. Die Entscheidungen und Beratungen in den Gremien sollten keinesfalls hinter verschlossenen Türen stattfinden. Insofern, sei die Ankündigung des Landrats, dass in der kommenden Woche eine nicht-öffentliche Kreistagssitzung anberaumt werde, ein Schritt in die falsche Richtung. „Wir müssen dieses Thema, das breite Teile der Öffentlichkeit betrifft, auch in und mit der Öffentlichkeit diskutieren.“

Die SPD werde auch in den kommenden Tagen weiter an Ideen arbeiten und versuchen mit allen Betroffenen ins Gespräch zu kommen. Zum Beispiel am Montag. Da trifft sich die SPD-Kreistagsfraktion um das Thema zu behandeln. Gemeinsam mit Sabine Dittmar, Dr. Sabine Leucht, die in Hofheim die internistische Praxis betreibt, sowie den Haßfurter Hebammen.

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